Catrin Perrino hat es selbst erlebt, dass die Leute „komisch gucken“, wenn sie in der Öffentlichkeit ihr Kind stillt. „Sie stören mich dann mit ihren Blicken“, sagt die 38-jährige Mama von vier Kindern. Sie ist mit der neunjährigen Letizia und der sieben Monate alten Stella in den Klostergarten gekommen. Denn dort ist ab sofort eine der weißen Sitzbänke ausdrücklich als „Stillbänkle“ deklariert. Die Idee hatte die Projektgruppe des „babyfreundlichen“ Krankenhauses in Immenstadt im Rahmen der diesjährigen Weltstillwoche. Eine weitere Bank findet sich im Eingangsfoyer der Klinik Immenstadt.
„Eine tolle Rückzugsmöglichkeit für Frauen“, freut sich Catrin Perrino, die manchmal nicht weiß, wo sie die hungrige Stella in Ruhe stillen kann. Der dritte Bürgermeister der Stadt Immenstadt, Eberhard Fetzer (51), hat dafür vollstes Verständnis. Seine drei Kinder sind zwar schon groß, aber er weiß es noch gut: „Wenn ein Säugling Hunger hat, muss er gestillt werden.“ Die Bank ist für ihn ein Zeichen dafür, dass die Menschen das Stillen als Selbstverständlichkeit wahrnehmen. Nach dem Winter werden die letzten Holzbänke im Klostergarten ersetzt. Eine davon wird dann einen pinkfarbenen Anstrich haben – das Stillbänkle als echter Hingucker für junge Mütter.
„Total gut“ findet auch Annemarie Glassl (69) die Aktion. Sie war früher selber in der Geburtshilfe tätig. Zu ihrer Zeit aber, bedauert sie, war das Stillen verpönt. „Da gab es nur Flaschenkinder.“ Ihr habe es eigentlich nie etwas ausgemacht, in der Öffentlichkeit zu stillen, sagt Susanne. Die 27-jährige Kinderpflegerin hat ihren Sohn Luis, jetzt 16 Monate alt, ein halbes Jahr lang voll gestillt. Schlechte Erfahrungen habe sie nicht gemacht. Aber die „Stillbänkle“ im Städtle hält sie für „eine gute Sache“. - „Manche Frau-en genieren sich ja eher.“ Auch Hebamme Katja Burger (25) befürwortet das Projekt: „Bestimmt gut, auf jeden Fall.
Für Barbara Ecker (55), Hebamme und Stillbeauftragte an der Klinik Immenstadt und Kinderkrankenschwester Sarah Leser, ist die Aktion ein voller Erfolg. Damit habe man mehr Akzeptanz für Frauen, die in der Öffentlichkeit stillen erreicht. Bei der Einweihung der besonderen „Bänkle“ sowohl am Vormittag in der Klinik als auch nachmittags im Klostergarten habe eine „fröhliche Stimmung“ geherrscht. Sie und ihre Kolleginnen hätten viele Gespräche mit Schwangeren, Müttern, aber auch mit Großmüttern geführt. „Stillen und Bindung ist so wichtig für eine gesunde Entwicklung der Kinder“, unterstreicht sie das Konzept der babyfreundlichen Geburtsstation im Städtle, deren Bestand als Teil der neuen Hauptabteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe mit den Standorten in Kempten und Immenstadt langfristig gesichert ist.