Schlafstörungen können zu Herzrhythmusstörun-gen führen, erklärte Enno Schnitzer, Facharzt für Innere Medizin und Oberarzt im Schlaflabor am Klinikum Kempten, bei einem Patiententag in Kempten. Die von Privatdozent Dr. Martin Karch konzipierte Veranstaltung fand im Rahmen der
9. Allgäuer Herz- und Gefäßtage des Herz- und Gefäßzentrums Oberallgäu-Kempten (HGZ) im Klinikverbund statt. Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern waren die großen Themen der Vortragsreihe. Rund 170 Zuhörer nutzten die Gelegenheit im Ärztehaus in Kempten, sich über die Ursachen und die modernsten Behandlungsmöglichkeiten bei Herzerkrankungen zu informieren.
Der Schlaf ist ein aktiver Erholungsprozess des Organismus, sagte Enno Schnitzer. Umso schlimmer, wenn diese Regeneration unterbrochen wird. Das kann an Schlaflosigkeit liegen, an einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus durch Jetlag oder Schichtarbeit, aber auch an Atmungsstörungen. Viele Menschen leiden unter Atemaussetzern im Schlaf, einer so genannten Schlaf-Apnoe. Die Atempausen, die nicht immer von den Betroffenen bemerkt werden, verursachen einen Sauer-stoffmangel, der Körper reagiert mit dem Ausstoß von Adrenalin. Die möglichen Folgen: hoher Blutdruck, gesteigerte Herzfrequenz und schließlich Herzrhythmusstörungen. Gute Resultate werden bei einer Apnoe mit einer speziellen Atem-Maske erzielt, so Schnitzer.
Welche Medikamente helfen bei Herzrhythmusstörungen? Der Immenstädter Internist Dr. Thorsten Nusser unterscheidet zwischen einer Akut- oder Dauertherapie und einer vorbeugenden Behandlung. Medikamente sollten keinesfalls mit der Gießkanne, sondern unbedingt zielgerichtet ausgegeben werden, betonte der Spezialist. Wenn die Störungen mit Medikamenten nicht behoben werden können, kann das Herz mit einem Elektroschock wieder in den richtigen Takt gebracht werden, erklärte Dr. Patrick Stiller vom HGZ. Oder es wird eine Katheterablation durchgeführt, bei der Muskelzellen, die falsche Signale geben, durch Kälte oder Hitze verödet werden. Diese Behandlungen finden am Standort Kempten statt: Die kardiale Elektrophysiologie bildet dort einen besonderen Schwerpunkt.
Weitere Themen waren der Einsatz von Herzschrittmachern oder einem implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD), die kardiale Kernspinuntersuchung sowie Medikamente zur Blutverdünnung und ihre Alternativen, wenn der Patient unter einem Vorhofflimmern leidet. Den Schlusspunkt setzte Dr. Elena Ito vom Bezirkskrankenhaus Kempten, die sich mit einem oft unterschätzten Aspekt bei Herzerkrankungen befasste: der Psyche. Nicht ohne Grund spreche der Volksmund von „gebrochenen Herzen“. Denn Ängste oder Depressionen können das Herz schädigen. Umgekehrt können Störungen der Herzfunktion zu Depressionen oder Ängsten führen.
Von den Patienten, die einen eingebauten Defibrillator tragen, entwickeln etwa 24 bis 33 Prozent eine Depression. Die Therapie bestehe aus einem Selbstmanagement, indem der Betroffene etwa Entspannungsübungen durchführt, einer Psychotherapie und einer guten Zusammenarbeit zwischen Hausarzt, Kardiologe und Psychiater. Antidepressiva habe sie ganz bewusst an den Schluss gestellt, erklärte Elena Ito.
Die Psychokardiologie war auch das Thema des Festabends in der Kemptner Residenz: Professor Dr. Karl-Heinz Ladwig untersuchte die Beziehungen zwischen Herzerkrankungen und Depressionen. Ladwig ist Leiter der Abteilung für mentale Gesundheit im Helmholtz-Zentrum München sowie Mitarbeiter der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Technischen Universität München. Studien zufolge gelten depressive Stimmungslagen ebenso wie etwa Bluthochdruck oder Rauchen als Risikofaktor für das Neuauftreten einer koronaren Herzerkrankung. Das gelte vor allem für scheinbar gesunde Männer mittleren Alters. Sie ernährten sich schlechter, bewegten sich weniger und rauchten mehr als nicht-depressive Männer. „In der Folge leiden sie überzufällig häufig an weiteren klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren“, so Ladwig. Hinzu kommen – durch die Depression hervorgerufen - Fehlregulationen des autonomen Nervensystems, des Hormonhaushaltes und auch des immunologischen Systems.