„Bei der Diagnose und Therapie von Tumor-Erkrankungen gibt es derzeit große Veränderun-gen!“ Das sagte Prof. Dr. Christian Langer beim 3. Allgäuer Onkologentag am Klinikum Kempten, den er als Sprecher des Cancer Centers Kempten/Allgäu (CCKA) gemeinsam mit seinem Team veranstaltet hat. Die Fachtagung stand ganz im Zeichen diverser Paradigmenwechsel im Kampf gegen den Krebs: Rund 100 Teilnehmer tauschten sich dabei vor Ort und digital über medizini-sche Innovationen aus. Neue Möglichkeiten gibt es zum Beispiel durch den Einsatz von Künstli-cher Intelligenz, aber auch durch Immuntherapie und Weiterentwicklungen im Bereich Patholo-gie.
Kleinste Polypen erkennen
Bei der Darmkrebsvorsorge können Mediziner zum Beispiel in Zukunft von Künstlicher Intelli-genz (KI) unterstützt werden, das machte Dr. Marc Nguyen-Tat deutlich. In Kombination mit hochauflösenden Endoskopen ermöglicht diese laut dem Chefarzt für Gastroenterologie am Kli-nikum Kempten eine noch genauere Beurteilung des Dickdarms, um alle Polypen, die potenzielle Krebsvorstufen sein können, zu entdecken. „Manche Polypen wachsen flach auf der Darm-schleimhaut und sind oft erst auf den dritten oder vierten Blick zu erkennen. Hier kommt die KI ins Spiel, die selbst kleinste Polypenknospen und schwierig zu erkennende flache Polypen er-fassen kann“, so Dr. Nguyen-Tat. Im kommenden Jahr soll die Technologie auch am Klinikum Kempten eingesetzt werden.
Bereits in Betrieb befindet sich das robotergestützte OP-Assistenzsystem Da Vinci, um das es beim Onkologentag ebenfalls ging. Die High-End-Technologie gilt in Fachkreisen als Meilenstein in der Chirurgie. Die Mediziner des Klinikverbunds Allgäu können damit minimalinvasive Eingriffe vornehmen – das ist besonders bei Darmtumoren oder zum Beispiel Prostata- und Nierenkrebs von Belang. Das System sorgt dabei für deutlich mehr Präzision während der chirurgischen Ein-griffe sowie eine bessere Wundheilung.
Gezielte Tumor-Behandlung
Die Patientinnen und Patienten des Klinikverbunds Allgäu können aber nicht nur bei Operationen von neuen Ansätzen profitieren. Auch im Bereich Diagnostik hat sich viel getan. „Mit den Mög-lichkeiten der molekularpathologischen Untersuchung können wir Tumorzellen immer genauer untersuchen. Um die Tumore gezielt zu behandeln, kann so eine individuell abgestimmte Medi-kation eingesetzt werden“, sagte PD Dr. Konrad Aumann bei seinem Vortrag; er ist Ärztlicher Leiter des Zentrums für Pathologie Allgäu (ZfPA) am Klinikum Kempten. Darüber hinaus gebe es auch in der Pathologie Ansätze Künstlicher Intelligenz, die neben der eigentlichen Untersuchung eine computergestützte Auswertung und damit eine zusätzliche Qualitätssicherung ermögliche.
Immun- statt Chemotherapie
Für einen weiteren Paradigmenwechsel hat zum Beispiel die Immuntherapie gesorgt, die sich in den vergangenen Jahren als weitere Säule der Krebstherapie neben Operation, Bestrahlung und Chemotherapie etabliert hat. „Die Chemotherapie gleicht einem Kahlschlag, bei dem möglichst viele bösartige Zellen abgetötet werden. Leider werden dabei aber auch gesunde Zellen beschä-digt“, erklärte Prof. Dr. Christian Langer, Sprecher des CCKA sowie Chefarzt für Onkologie und Hämatologie am Klinikum Kempten. Er führte weiter aus: „Die Immuntherapie hat einen anderen Ansatz. Bei ihr wird das Immunsystem durch Infusionen spezifisch so aktiviert, dass es Tumor-zellen erkennt und sie im besten Fall zerstört.“ Bei manchen Tumoren könne man so bereits komplett auf Chemotherapien verzichten.
Über den Allgäuer Onkologentag
Der Allgäuer Onkologentag wird vom Cancer Center Kempten/Allgäu (CCKA) veranstaltet, er fand heuer zum dritten Mal statt. Die Rednerinnen und Redner stammten aus verschiedensten Fachbereichen: Darunter Mediziner der Kliniken des Klinikverbunds Allgäu, aber auch Ärztinnen und Ärzte des Internistischen Facharztzentrums Hämatologie-Onkologie aus Memmingen, der Hämatologisch Onkologischen Praxis im MVZ Immenstadt sowie der Praxis für Strahlentherapie Kempten.
Neben den Themenfeldern Viszeral- und operative Onkologie, Immuntherapie sowie Pathologie ging es in den Vorträgen auch um Paradigmenwechsel in den Fachbereichen Senologie und Gy-näkologie sowie Hämatologie. Insgesamt nahmen rund 100 Personen am 3. Allgäuer Onkologen-tag teil – teilweise live vor Ort unter Einhaltung der 3G-Regel, der Großteil wurde digital zuge-schalten.
Über das CCKA
Im CCKA haben sich Fachabteilungen des Klinikverbunds Allgäu, ambulante Fachärzte, Fach- und Rehabilitationskliniken, Spezialisten für sozialmedizinische Betreuung und Psychoonkologie sowie Ernährungsberater und –mediziner zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, Patientinnen und Patienten mit Tumorerkrankungen in allen Stadien eine umfassende Betreuung nach dem aktuellsten Wissenstand der Medizin anbieten zu können.
Alle sieben Organkrebszentren des CCKA sind nach den besonders strengen Qualitätsrichtli-nien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Zu ihnen gehören ein Darm-, ein Ma-gen- und ein Pankreaszentrum, ein Prostatazentrum, ein Brust- sowie ein Gynäkologisches Zentrum und ein Zentrum für Hämatologische Neoplasien.