Sicher gibt es kaum jemanden, der nicht schon einmal Sorge hatte, dass er vielleicht fälschlicherweise für tot erklärt wurde und im Sarg wieder aufwacht. Eine sorgenvolle Vorstellung, die die Frage aufwirft, was den Arzt eigentlich so sicher macht, wenn er einen Tod
feststellt und jemand zur Beerdigung frei gibt.
Sollte im Wald ein Skelett gefunden werden, ist die Todesfeststellung weniger schwer als die gerichtsmedizinische und kriminalistische Aufarbeitung des Falles. Keine Frage besteht auch, wenn der Leichnam verwest ist, Madenbefall trägt und schrecklich entstellt ist. Hier liegt ganz klar ein sicheres Todeszeichen vor, nämlich die Fäulnisbildung, die sogar dem Laien klar macht, dass es kein „Zurück“ ins Leben mehr geben kann.
Doch Vorsicht, nicht der Laie, sondern nur ein Arzt darf, und das auch nur nach sorgfältiger Leichenschau, den Tod feststellen. Mit der Leichenschau sucht der Arzt nach den sogenannten sicheren Todeszeichen. Im Falle schwerster Unfälle können sich dem Tod ursächliche nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen oder gänzliche Körperzerstörungen finden, die eine sichere Todesfeststellung erlauben und als sichere Todeszeichen gelten.
Nicht so einfach zu erkennen ist ein weiteres sicheres Todeszeichen, nämlich die Leichenstarre, zumal diese nur vorübergehend auftritt. Nach 24 Stunden ist sie erst vollständig ausgebildet und nach 48 bis 72 Stunden wieder verschwunden. Dieser Verlauf dient auch der Rechtsmedizin für die oft notwendige Ermittlung des Todeszeitpunktes. Fänden sich zum Beispiel Vater und Sohn gleichzeitig tot, erstickt im Silo, wäre allein schon für die Klärung der Erbfolge, die Feststellung des Todeszeitpunktes nicht unwichtig. In den abhängigen Körperregionen finden sich als weitere sichere Todeszeichen die Totenflecken. Dies sind bläulich violette Flecken, die durch den Herz-Kreislaufstillstand aufgrund des Absinkens des Blutes entstehen. Müssten Laien den Tod feststellen, wäre schon so mancher im Sarg wieder aufgewacht, denn schon allein der schwer alkoholisierte Mensch, nicht umsonst redet man gelegentlich von der „Bierleiche“, kann einen manchmal zweifeln lassen. Die fehlende Ansprechbarkeit, der Atemstillstand oder
sogar der Herz-Kreislaufstillstand sind keine sicheren Todeszeichen, sondern Anlass unverzüglich mit der Herz-Lungenwiederbelebung zu beginnen und die 112 anzurufen.
Für jeden dem Laien tot erscheinende Mensch muss unverzüglich ein Arzt gerufen und im Zweifel mit der Reanimation begonnen werden. Kälte, Blässe und Austrocknung können auch verleiten, einen Menschen vermeintlich für tot zu halten.
Ein schwieriges Thema ist die Feststellung des Hirntodes und die damit verbundene mögliche Organentnahme. Dazu mag man stehen, wie man will, aber sich mit der Sache auseinandersetzen und ein klares JA oder NEIN für sich zu setzen, sollte man, wenn noch nicht geschehen, schon mal angehen.
Den Hirntod müssen übrigens mehrere unabhängige Ärzte unter Zuhilfenahme mehrerer technischer Verfahren feststellen. Das kann keiner alleine machen. Manchmal lässt sich zum Beispiel auf einer Intensivstation der erwartete Sterbeverlauf nachverfolgen und beobachten, dass mit dem letzten Herzschlag noch keine sicheren Todeszeichen vorhanden sind, weshalb mit der Leichenschau und der Unterzeichnung des Totenscheins immer noch einige Zeit abgewartet werden muss. Und weil die Todesfeststellung somit eine „todsichere“ Angelegenheit ist, sollte sich keiner mit Ängsten, lebendig begraben zu werden, herumschlagen, sondern sich besser um die sicheren Lebenszeichen,
wie Lebensfreude, Spaß und Zuversicht kümmern. Ach ja, Dummheit ist übrigens kein Hirntodkriterium.
In diesem Sinne – bleiben Sie gesund!
PD Dr. Steinbigler
Chefarzt Innere Medizin – Kardiologie, Klinik Mindelheim