Gibt es nicht in fast jedem größeren Unternehmen den einen oder anderen Mitarbeiter, bei dem man sich fragt: „Was tut der eigentlich?“ Würde man den menschlichen Organismus als Unternehmen betrachten, so wäre sicher die Milz als Mitarbeiter ein Kandidat, bei dem diese Frage gestellt werden würde. Herz pumpt, Hirn denkt, Leber und Niere reinigen, Knochen und Muskel laufen – alles klar. Aber die Milz scheint entbehrlich.
4711 – so merken sich die Ärzte, wie groß die Milz in der Ultraschalluntersuchung normalerweise ist: 4 cm dick, 7 cm breit und 11 cm lang. Sie liegt links hinter den untersten Rippen geschützt. Im Mittelalter dachte man, dass die Milz die Galleflüssigkeit der Leber reinigt und wenn sie das nicht richtig machen würde, man Lepra bekäme.
Heute weiß man, dass die Milz ein effektives Blutfiltersystem darstellt. Etwa fünfhundertmal am Tag wird das gesamte Blutvolumen durch die Milz gepumpt. Sie ist dabei ein ganz wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems, also der Abwehrkraft des menschlichen Körpers. Wenn die roten Blutkörperchen ihre Lebensdauer überschritten haben, werden sie in der Milz wiederaufgearbeitet und das in ihnen enthaltene Eisen wiederverwendet. Die Milz kann Blut als Reserve speichern, wobei ihr da Grenzen gesetzt sind, da sie von einer Kapsel umgeben ist. Wird zu viel Blut in der Milz gespeichert, wie zum Beispiel beim Sport, schmerzt die Kapsel. Dieses Phänomen kennen viele aus dem Sportunterricht, man nennt es das „Seitenstechen“.
In der Kindheit hat die Milz noch einen höheren Stellenwert als im Erwachsenenalter, denn in der ersten Lebenszeit ist sie zusammen mit dem Knochenmark für die Blutproduktion verantwortlich, wobei sie diese Aufgabe im Laufe der Zeit verliert. Jeder schwere Unfall ist bedrohlich, wenn aber bei einem Trauma in die linke Körperflanke die Milz verletzt wird, kann es durch ihre große Blutfülle zu lebensgefährlichen Blutverlusten kommen. Nicht selten muss sie dann gänzlich entfernt werden.
Wie bei dem eingangs erwähnten Mitarbeiter, zeigt sich dessen zunächst unklare Aufgabe häufig erst, wenn er nicht mehr da ist. So auch bei abhandener Milz. Die Bakterienabwehr ist deutlich verringert und vor allem schwere Lungenentzündungen können die Folge sein. Es fehlen bestimmte weiße Blutkörperchen, nämlich die Lymphozyten, die Antikörper produzieren, in der Milz reifen und gespeichert werden. Unfallopfer mit Milzverlust müssen deswegen vor allem gegen sogenannte Pneumokokken, also Lungenentzündungen hervorrufende Bakterien geimpft werden.
Auch wenn man ohne Milz überleben kann und sie im Körper zu Strukturen und Organe gehört, deren Funktion nicht allgemein bekannt oder noch nicht erforscht ist, auf sie leichtfertig verzichten sollte man nicht. Denn der menschliche Organismus ist ein höchst komplexes System – wie übrigens auch große Unternehmen, bei denen so mancher Mitarbeiter nur oberflächlich gesehen, ohne Funktion zu sein scheint.
In diesem Sinne – bleiben Sie gesund!
PD Dr. Steinbigler
Chefarzt Innere Medizin
Kreisklinik Mindelheim
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